Sowohl ANJA BRAUN als auch YVONNE MUELLER beschäftigen sich in ihrer Arbeit mit Raumwahrnehmung, was in ihren umfassenden Installationen in-situ in der Stadtgalerie exemplarisch zum Ausdruck kommt. Beide Künstlerinnen wählen Elemente des Raumes und rücken diese in das Blickfeld der Rezipierenden.
Anja Brauns Arbeit zieht die Aufmerksamkeit sofort auf die Konstruktion der Leuchtstoffröhren. Normalerweise dient diese, als rechteckige, regelmässige Anordnung an der Decke, zur Beleuchtung der Ausstellung. Die Konstruktion, nun fast frei schwebend, wird plötzlich zu einem Lichtkörper, der durch seine Grösse und Leuchtkraft eine starke, fast bedrohliche Präsenz im Raum behauptet und das Raumvolumen mit einer Diagonalen durchbricht. Auch die Behandlung der Decke mit reinem Nickeltitangelb und die grosse, rechteckige Glasfläche, welche den Raum als Spiegelung zurückwirft, sind klare ästhetische Gesten, welche unmittelbar beim Betreten des Raumes erfahren werden.
Die Rauminstallation wird zur Bühne für die kleinen Objekte. Sie zeugen von Anja Brauns Faszination für die Materialität und Leuchtkraft reiner Pigmente, die sie auf diese Weise in eine Art «reine Malerei» umsetzt. Diese Preziosen sind in unablässiger Bewegung, denn sie bestehen aus Pigment und Magnet, und deren Spannungsfeld erzeugt einen stetigen Energiefluss.
Yvonne Mueller animiert mit ihrem Eingriff Elemente des Raumes. Es scheint, als ob der Raum ein von der übrigen Welt unabhängiges Eigenleben führe: So hat sie einen schmalen Wandabschnitt zwischen zwei Fenstern fotografiert und ihm wieder einen physischen, dreidimensionalen Körper im gleichen Massstab gegeben. Als Objekt liegt dieser etwas ungelenk mit verdrehten Seitenarmen, in einigem Abstand zu seinem «Original» auf dem Boden.
Weiter fotografierte Yvonne Mueller Ausschnitte des Parkettbodens. Mittels digitaler Spiegelung und Vervielfachung entstanden neue Bilder. Diese verwendet sie für die grossflächige Tapezierung der Wände. Durch die Oberflächenstruktur, die Spuren der vergangenen Zeit und den angesammelten Schmutz erhalten die Bilder ornamentale Qualität und erinnern an Wandteppiche. Der Boden, eigentlich der Träger der betrachtenden Person, gewinnt als Abbildung in vertikaler Lage eine erhöhte Wichtigkeit. Die Arbeiten sensibilisieren die Wahrnehmung und lenken die Aufmerksamkeit auf reale Elemente im Raum zurück.