Der in Bern lebende Künstler George Steinmann versteht seine Arbeiten als «wachsende Skulpturen». Integriert im sozialen Raum schaffen sie Beziehungen, machen Interdependenzen zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Akteur*innen erfahrbar, sind als Prozess angelegt und werden mit der Zeit in ihr eigenes Leben entlassen. Der Titel der Einzelausstellung des Künstlers in der Stadtgalerie ist ein Appell: Zukunft jetzt! Es ist ein im Werk des Künstlers seit den 1980er Jahren anhaltender Anspruch einer zukunftsgerichteten Perspektive der Kunst und der Kultur angesichts der durch Menschen verursachten ökologischen Krise. Das Verhältnis von Kultur und Zukunft ist für ihn kein lineares oder instrumentelles. Future Now fordert nicht eine spezifische Zukunft, sondern Zukunftsfähigkeit.
Wie in seinem Atelier verräumlichen sich in der Ausstellung Future Now die verschiedenen Felder, welche das Denken und Handeln Steinmanns prägen: marginalisierte Wissensformen, Politik, Kunst und Wissenschaft. Auf Tischen breiten sich in nicht-hierarchischer Ordnung Bücher aus, gesammelte Studien, Dokumente und Korrespondenzen, gefundene Objekte und auch Proben von Material, wie Flechten- und Heidelbeertinkturen. Seine Praxis wird zur Ausgangslage einer Befragung eines Missstandes: die marginale Präsenz der Kultur in der Agenda 2030 – den 17 Zielen zur nachhaltigen Entwicklung der UNO-Mitgliedsstaaten, zu deren Umsetzung sich auch die Schweiz verpflichtet hat. Um der Befragung und dem Anliegen eine Mehrstimmigkeit zu verleihen, werden während der Dauer der Ausstellung in mehreren öffentlichen Gesprächen und einem Workshop konkrete Handlungsfelder mit Personen unterschiedlichen Hintergrunds diskutiert und erarbeitet. Die Gespräche werden aufgezeichnet und online zugänglich sein. Begleitet wird Future Now durch die gleichnamige Publikation, die als integraler Bestandteil in der Ausstellung für die Besucher*innen zum Mitnehmen aufliegt.
*Stadtgalerie (Hg.), George Steinmann – Future Now, 2021, S. 110.