Das Leitmotiv der Eröffnungsausstellung Genug ist nicht genug bildet eine Ode auf den Herbst und an die Fülle. Die Arbeiten in der Ausstellung streifen verschiedene Aspekte des Themenkreises und bergen in sich die Ambivalenz künstlerischen Ausdrucks. In unterschiedlichsten Techniken umgesetzt, umspielen die Werke Themen der Kunst unserer Zeit. Von der raumgreifenden Installation, über die Zeichnung, von Video und Toninstallation bis zur Arbeit direkt auf und in die Wand hinein werden hier Möglichkeiten der Umsetzung erprobt. Genug ist nicht genug verweist auf die Expansion und die Reduktion gleichermassen.
LUZIA HÜRZELER liebäugelt in der Videoarbeit Closing eye mit der Darstellung des Verschwindens und der Auflösung ins Nichts, absurderweise ausgelöst durch eine sich laufend vermehrende Masse, die das Auge des Betrachters nachvollziehen kann. Die Kamera, inmitten eines rasant sich vermehrenden Hefeteigs filmt sich selber bis die Linse verdeckt wird.
HAIMO GANZ und BRUNO STEINER setzen eine Schafherde in den Ausstellungsraum. Brav und stumm breitet sich diese in Form einer Achtelkugel im Raum aus. Im Eröffnungszeremoniell der Ausstellung werden die Schafe zu Lammfiletspiesschen für die gaumenfreudigen Gäste.
MOHÉNA KÜHNI behandelt Text, Ton und Objekt gleichwertig. Sie zeigt mit Passages eine Arbeit, bei der das Bewegte und Unbewegte gleichzeitig zum Thema wird. Die Künstlerin interessiert sich für das Dazwischen, das sich nicht greifen lässt. Sie zitiert ein Gedicht von Carole Forget, spielt einen Unrythmus und baut ein Regal, das kaum bestückt- aber doch menschlichen Dimensionen angepasst ist.
BARBARBA WIGGLI befasst sich konkret mit Themen der Fülle und lotet Dimension und Möglichkeiten der Darstellung aus. Prall gefüllte Kissen mit dem Titel Versuch einer Annäherung quellen vor sich hin und erinnern plötzlich an die übervollen Müllcontainer in Neapel. Barbara Wiggli konfrontiert damit die Bleistiftzeichnung einer üppig gefüllten Früchteschale Zweiter Versuch einer Annäherung an die Fülle. Die in schwarz-weiss gehaltene Zeichnung könnte ein Entwurf für ein Relief sein. Erahnen lassen sich prall gereifte Früchte, die den Sinn des Memento Moris aus der Stilleben-Malerei des 17. Jahrhunderts aufnehmen. Beide Elemente werden durch das kleine rot-blaue Hörnchen verbunden und gebrochen.
Die Arbeit Territoire von VÉRONIQUE ZUSSAU verletzt die Wand durch eingebohrte Löcher und schafft damit die Ausbreitung einer imaginären Weltkarte auf der bereits Bekanntes mit Nadeln sichtbar wird. Der Stab und das Podest sind so platziert, dass Teile dieser Erde erreichbar sind. Die Künstlerin lässt offen, ob man ihre Wandarbeit mit den weltweiten Auswirkungen von Phänomenen wie der Lichtverschmutzung, Klimaerwärmung oder Hungersnöten in Verbindung bringen will.
NANCY WÄLTI erfasst Randerscheinungen des Alltags, sie transformiert vermeintlich Nebensächliches zum Werk indem sie es in neue Zusammenhänge stellt. Mit der Wandarbeit Leck setzt sie der Ausstellung vorläufig einen ironischen Schlusspunkt.
Einmalige Veranstaltungen ergänzen die Ausstellung, die als mögliches Essay zu verstehen ist, um weitere Dimensionen des Infragestellens und der Möglichkeiten.
Der slowakische Künstler TOMAS RAFA, der als Artist in Residence die Gastwohnung der Stadtgalerie bewohnt, präsentiert sein in der Schweiz entstandenes Video. Sein Hauptarbeitsgebiet ist das Aufspüren und Dokumentieren von Nationalismustendenzen in Europa.
Das INSTANT COMPOSING TRIO, bestehend aus Sebastian Rotzler (Kontrabass), Barbara Gasser (Violoncello) und Franziska Huber (Violine) improvisiert klassisch-jazzig inmitten der Werke zum Thema.
Und – genug genüge bekanntlich nicht – Analog zum Verlauf der Jahreszeiten, wo sich im Idealfall der Herbst noch einmal zu einem milden «Indian Summer» aufbäumt, werden zum Schluss der Ausstellung diverse Aspekte des Themenkreises aufgenommen und münden mit Truffes & Quacksalber in einer abschliessenden Veranstaltung – einem üppigen Schlussfeuerwerk – mit einem Konzert von Zachov, Werkstätten wo sich das Publikum am Schokoladeformen und Goldmachen versuchen kann, und performativen Aufführungen von deRothfils, Nils Amadeus Lange, Brigitte Dätwyler und Andreas Egli.