Nicolle Bussien
Keys
10.11.–09.12.2023

Ein Schlüsselrohling öffnet keine Türen. Erst die Bohrung weist ihm ein spezifisches Schloss und damit ein spezifisches Eigentum zu. Gibt es ein Objekt, das annähernd so überlagert ist mit Symbolik und Metaphern wie der Schlüssel? Ein unbearbeiteter Schlüssel könnte Utopie sein oder blosses Versprechen für die künftige Mittelschicht – aus einer Bausparkassen-Werbung der 1990er Jahre. Die Künstlerin Nicolle Bussien interessiert sich für Schlüssel als Technologie; als ein Set unterschiedlicher Ideologien, Politiken und Prozesse bürokratischer und juristischer Beglaubigung.

Keys ist die erste institutionelle Einzelausstellung der Künstlerin Nicolle Bussien. Die Videoarbeiten in der Ausstellung entwickelte sie basierend auf Recherchen, Interviews, oder in Workshops mit unterschiedlichen Communities. Mit den Mitteln der Dokumentation, Dokufiktion und spekulativer Erzählung hinterfragt sie die Dominanzgesellschaft und deren Repräsentationen. Mit ihren Videoproduktionen schafft Nicolle Bussien Situationen, aus denen dialogisch und im Austausch mit einer Mehrzahl von Akteur*innen, Identitäten und Erfahrungen, die künstlerische Arbeit entsteht.

Zentral für die Ausstellung ist die Videoinstallation aboutaroundabout (2023), welche in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Giorgia Piffaretti entstand. Rund um eine Kreiselskulptur in der Tessiner Grenzstadt Mendrisio entfalten sich die sozialen, lokal- und kulturpolitischen Dynamiken einer Gemeinde. In Workshops und Interviews verhandeln die Bewohner*innen die rassistischen und patriarchalen Konnotationen der Skulptur sowie dessen Auswirkungen auf ein alltägliches Zusammenleben.

Nicolle Bussiens künstlerische Forschung ist nicht passive Beobachtung, sondern Form des community-basierten Arbeitens. Die Protagonist*innen ihrer Videos sind immer auch Mitproduzent*innen von Wissen. Identität ist zwar ein Schlüsselelement der Arbeit der Künstlerin, aber sie ist die Perspektive, mit der sie die Funktionsweise von Macht erforscht, nicht das Ziel.