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Sommerfenster – Argument Place
Remy Erismann, Roger Fähndrich, Nikolaus Gansterer, Tamara Janes, Lutz & Guggisberg, Sarah Elena Müller, Giorgia Piffaretti, Ines Marita Schärer, Sebastien Verdon, Wiktor Wolski
07.07.–22.07.2017

Im Rahmen des Sommerfensters organisiert die Stadtgalerie erneut eine gastkuratierte Ausstellung, die sich dieses Jahr unter dem Titel Argument Place mit Strategien des Ersetzens, Negierens und Kompensierens befasst. Die versammelten Positionen befragen, umgehen oder ersetzen den materialisierten Gegenstand und erheben die Reflexion und Imagination zum eigentlichen Material der Arbeit. In den Fokus rücken so unter anderem die Hinterfragung eines Motivs an Stelle seiner Verkörperung, eine Idee an Stelle ihrer Realisation oder eine Beschreibung an Stelle von etwas Sichtbarem: Bilder ohne Träger, Aktionen ohne Ausführung, Zustände der Unvollständigkeit. Minimale und poetische Gesten treffen auf Ironie, Zweifel auf Momente des Abbruchs. Fehlendes oder bewusst ausgelassenes beleuchtet Vorhandenes oder fragt danach, was sein sollte.

In den zwei Malereien To be titled (2017) von SEBASTIEN VERDON (*1979 in Stuttgart, lebt und arbeitet in Neuchâtel und Lausanne) ist ein angedeuteter Raum zu sehen. Dargestellt durch wenige Flächen, interpretiert Verdon verschiedene im Internet gefundene Ansichten von ihm unbekannten Ausstellungen. Der Charakter der Malereien greift dabei einen scheinbaren Stereotyp von Ausstellungsdokumentationen auf: Durch ihren nüchtern anmutenden Charakter verorten sich diese im idealisierten Ausstellungsdisplay des «White Cubes». Verdon interessiert sich für diese uniformierte Art der Kunstpräsentation, zumal die physische Erfahrbarkeit von Kunst durch digitale Plattformen heute scheinbar weniger wichtig wird. Verdon materialisiert diese «Entkörperung» als Objekte, die er in den realen Ausstellungsraum zurückbringt.

Dem direkt erfahrbaren Raum stellt INES MARITA SCHÄRER (*1987 in Chur, lebt und arbeitet in Bern und Chur) die Imagination gegenüber. Ausgangslage für ihre Arbeit bilden verschiedene Beschreibungen eines ihr unbekannten Kunstwerks, welche sie von anderen Personen geschildert bekommen hat. Diese Erzählungen übersetzt die Künstlerin in einen textlichen Raum, den sie mit ihrer Vorstellung erkundet. In A Performance (das Haus von Adolf Loos) (2017) nutzt Schärer das architektonische Werk von Adolf Loos als Umgebung für die Beschreibung einer Performance – die realen Begebenheiten des Hauses werden erfahrbar gemacht und durch Fiktion verändert und erweitert.

In Containers for Emptiness (2015) hält WIKTOR WOLSKI (*1992 in Bydgoszcz, lebt und arbeitet in Poznan) einen improvisierten Video-Vortrag über die Leere. Er kommentiert eigene Skizzen, in denen er die Leere als plastisches Material behandelt und deren mögliche Erscheinungsformen aufzeigt. Die philosophische Bedeutung des Begriffs bringt Wolski so auf eine gegenständliche Ebene, die ihm ermöglicht, die Charakteristiken und Bedeutungen des Begriffes humoristisch zu hinterfragen.

Die Arbeit Objects Yet To Become (2016–) von NIKOLAUS GANSTERER (*1974 in Klosterneuburg, lebt und arbeitet in Wien) ist eine Serie, die sich aus textlichen und zeichnerischen Elementen zusammensetzt. Durch einfache, poetische Aufforderungen werden die Text-Bild-Kombinationen zu Anleitungen, welche durch die Betrachterin im Ausstellungs- oder Privatraum ausgeführt werden können. Durch diese Aktion wird die vom Künstler geschaffene Ausgangslage aktiviert und seine Imagination durch das Publikum vollzogen.

Der Begriff der Spekulation spielt auch in der Arbeit von REMY ERISMANN (*1976 in Zofingen, lebt und arbeitet in Bern) eine zentrale Rolle. In Silizium wäre geil (2016) handelt er eine Art Selbstgespräch ab, in dem er über die diversen Möglichkeiten nachdenkt, wie ein Kunstwerk materialisiert werden könnte und welche Bedeutung das mit sich ziehen würde. Erismann beschreibt den Zustand des «anything goes» – einen Moment, in dem alles denkbar ist und der scheinbar unendliche Möglichkeiten bietet, aber auch Überforderung bedeuten kann. Die nicht verfolgten Möglichkeiten werden zum Inhalt der Arbeit. Ihre akustische und visuelle Form entwickelt Erismann über eine 3D-Technologie, die aus seiner Stimme und Bewegung digitales Material erstellt.

Die «Screen Bean»-Figuren in SEBASTIEN VERDONS Malereien Compétences (2016) und Offres d’emploi, Réponses négatives (2017) waren populäre grafische Elemente des Computerprogramms Microsoft Office. Ursprünglich dazu verwendet Sachverhalte in Powerpoint-Präsentationen zu veranschaulichen, setzt Verdon die Figuren in die Ausstellung. Hier werden sie zu Denkfiguren, welche im Zusammenspiel mit den Werktiteln die Tätigkeit als Künstler und die damit verbundenen Ideale und Realitäten kommentieren.

Das Objekt PER SEMP-RE von GIORGIA PIFFARETTI (*1989 in Mendrisio, lebt und arbeitet in Bern) stammt aus einer Sammlung persönlicher Gegenstände. Zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt in ihrer Kindheit hat Piffaretti den Radiergummi mit den Worten «für immer» versehen. Jahre später wird er in der Ausstellung platziert, wo er die Frage nach der Bedeutung der Zeit in Bezug auf ein Kunstwerk oder künstlerisches Schaffen stellt.

GIORGIA PIFFARETTIS Videoarbeit Tour in barca a Bergen (2017) besteht aus Videomaterial, das auf einer Schiffsrundfahrt in Norwegen entstanden ist. Gegliedert in drei Teile zeigt der Film einen Mann, der die vorbeiziehende Landschaft filmt. In gleichbleibender Haltung hält der Mann die sich kaum verändernde Szenerie fest und wird dabei durch die Beobachtung der Künstlerin selbst Teil dieser Szenerie. Die Aufzeichnungen befragen dabei das Motiv des Mannes sowie das von Piffaretti gleichermassen.

LUTZ & GUGGISBERG (Andres Lutz *1968 in Wettingen / Anders Guggisberg *1966 in Biel, leben und arbeiten in Zürich) verschieben ihr Exponat auf die Ebene eines Modells. In der Arbeit An apple a day keeps the doctor away (2002) platzieren sie in einem Miniatur-Ausstellungsraum mehrere Bilder und eine Skulptur in Form eines überbrückten Waldabschnitts. Die Natur als sinnliches und erholsames Erlebnis äussert sich als grosse Idee, die im Kleinen realisiert ist. In ironischer Weise amüsiert sich die Arbeit dabei über die Künstlichkeit und Ereignislosigkeit von Kunst und Kunsträumen.

In ihrer fortlaufenden Serie If I Were a Reverse Image Search (2016–) entwickelt TAMARA JANES (*1980 in St. Gallen, lebt und arbeitet in Bern) ortsspezifische Fotografien. Ausgangslage ihrer Arbeit sind Bilder von Dritten, die sie auf Google zum jeweiligen Ausstellungsort findet. Für die Ausstellung in der Stadtgalerie stellte die Kuratorin ausgewähltes fotografisches Material zur Verfügung, aus dem die Künstlerin drei fotografische Bildantworten entwickelt hat.

Der Essayfilm The Drolliger Solution (2017) von SARAH ELENA MÜLLER (*1990 in Amden, lebt und arbeitet in Bern) und ROGER FÄHNDRICH (*1982 in Olten, lebt und arbeitet in Bern) handelt von einem «Coma-Button», einer künstlichen Intelligenz, die einen von sämtlichen Beschwerlichkeiten und Sorgen befreien soll und die Nutzer des Programms in einen Zustand der Leichtigkeit versetzt. In einer assoziativen Abfolge von Bildern zieht der «Coma- Button» die zwei Protagonisten in ihren Bann, sie bewegen sich im Koma durch imaginierte Szenen und entkommen so der Schwerfälligkeit, die dadurch entsteht, dass man alles zu verstehen versucht.

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Kuratiert von Nina Rieben, Assistentin Stadtgalerie

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