Peter Aerschmann und Hubert Dechant beziehen sich beide auf Details ihrer urbanen Umgebung, setzen die Ergebnisse Ihrer Recherchen jedoch mit verschiedenen Medien um.
PETER AERSCHMANN (*1969, geb. in Fribourg, lebt in Bern), der im vergangenen Jahr das Eidgenössische Stipendium gewonnen hat, bearbeitet seine Videoaufnahmen von alltäglichen Strassenszenen am Computer und komponiert neue variable Welten. So setzt sich die Stadtlandschaft in seiner neuen interaktiven Computer/Videoinstallation Varibale 5 aus bekannten Details der Umgebung der Stadtgalerie zusammen, die immer wieder neu kombiniert werden und mit anderen Landschaftsfragmenten verknüpft werden, so dass sich verschiedene Bild- und Bedeutungshorizonte überlagern. Das wandfüllende Video-Panorama befindet sich in ständiger Bewegung und kann durch das Publikum mit am Boden verteilten Schaltern in unendlich vielen Variationsmöglichkeiten neu konstruiert werden. Aus der alltäglichen Realität wird ein immer wieder anders konstruiertes performatives Szenario: Die Konstruktion der Realität schließt sich mit der Realität der Konstruktion kurz.
HUBERT DECHANT (*1964, geb. in Biel, lebt in Basel und Berlin) findet seine Motive auch mitten auf der Strasse, wo er PassantInnen bittet, für ein Foto zu posieren. Seine körpergrossen Wandzeichnungen sind «aus dem Leben gegriffen», doch der Künstler transportiert sie in radikal reduzierten Umrisszeichnungen direkt auf die weisse Wand, so dass sie in einem halt- und zeitlosen Vakuum zu schweben scheinen. Es sind unprätentiöse banale Darstellungen im positiven Sinne. Die Porträtierten tragen keine Namen, die typischen Insignien des Genres fehlen. Das Detailhafte der Zeichnungen verweist nicht auf den dekonstruktiven Bruch von Ganzheit, eher scheint es, als ob sich das Wesen der Porträtierten gerade durch die Reduktion enthüllt. Aus anonymen Passanten werden Projektionsflächen: eine linkische Körperhaltung, ein verträumter Blick scheint schon genug zu sein, die Leere zu füllen, die die Figuren umgibt.
Sind es Bilder, Abbilder oder Abstraktionen? Auch wenn Peter Aerschmann und Hubert Dechant entgegengesetzte Vorgehensweisen haben, so geht es doch beiden darum, Passagen im raum-zeitlichen Sinne zu entwerfen, als Übergang und Durchgang zu anderen, latenten Bildern: erinnerten, assoziierten, imaginierten oder auch erfundenen Bildern.