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Open House – Schwob-Haus c/o Stadtgalerie
Olivia Abächerli, Nicolle Bussien, Lea-Nina Fischer, Damiano Curschellas, Laura Grubenmann, Chris Harker, Tamara Milosevic, Tanja Laeri, Marc Lauber, Ursina Leutenegger, Selina Lutz, Marta Margnetti, Natascha Moschini, Philip Ortelli, Giorgia Piffaretti, Aldir Polymeris, Fiona Rafferty, Nina Líška Rieben
18.08.–23.09.2017

Die Künstlerin Susanne Schwob (1888–1967) vermachte ihr Haus in der Länggasse 1967 der Stadt Bern mit der Bedingung, dass es der «unmittelbaren Förderung der Bildenden Künste» dienen solle. Das Haus wurde seit da von verschiedenen Kunstschaffenden als Wohnatelier und Treffpunkt genutzt. Seit Sommer 2015 ist eine junge Generation im Atelierhaus am Arbeiten. Durch die Veranstaltungsreihe Immer am Achten wird das Haus auch für die Öffentlichkeit und andere Kulturschaffenden zugänglich.

Nachdem das Schwob-Haus in den letzten zwei Jahren rund um einen möglichen Liegenschaftsverkauf eine grosse Medienaufmerksamkeit erhielt, ist sein Weiterbestehen als Atelierhaus unterdessen gesichert. In der Stadtgalerie steht die künstlerische Produktion im Fokus: Mit einer Carte Blanche eingeladen, äussern sich die verschiedenen Positionen als Einzelarbeiten aber auch als ausstellungsspezifische und kollektive Projekte, wobei sich als roter Faden stets der gemeinsame Arbeitsort zieht. Die Ausstellung umkreist verschiedene Motive, die in direkter oder assoziativer Weise mit dem Haus in Verbindung stehen. Teile der Achitektur und des Interieurs waren Inspiration für neu entstandene Arbeiten und der stetige künstlerische Austausch wird durch verschiedene Positionen reflexiv und materiell aufgegriffen.

MARTA MARGNETTI (*1989 in Mendrisio, lebt und arbeitet in Bern und Lugano) besetzt mit ihrer Arbeit Mind the gap die beiden Räume zwischen den Glastüren und den eigentlichen Zimmertüren und markiert damit die Stelle zwischen Aussen und Innen. Die Fussabtreter-ähnlichen Objekte aus Schaumstoff legen sich in den Weg der Besucherinnen und werden vom dadurch hereingetragenen Schmutz in ihrer Farbigkeit während der Ausstellungsdauer verändert.

SELINA LUTZ (*1979 in Zürich, lebt in Bern und arbeitet in Worblaufen) erfindet in ihren Zeichnungen Katzenbaum nr.1-8 verschiedene neue Formen des Möbelstücks und interpretiert den Katzenbaum als architektonisches Objekt. Seine Funktion ist es, die Wohneinrichtung und das natürliche Wesen eines Tieres zu vereinen – ein Widerspruch, der den Katzenbäumen etwas Groteskes und Absurdes verleiht, was die Künstlerin wiederum in den Ausstellungsraum transportiert.

In den Räumen verteilt, wie liegengeblieben oder vergessen, verteilt sich Selina Lutzs Arbeit I’m afraid of measured time / I’m afraid of failing / I’m afraid of balance I’m afraid I’m not dealing with conventions as freely as I think I am / I’m afraid of the fear. An ein lässiges und in der Kunstszene häufig getragenes Mode-Accessoire erinnernd, wirken die Hüte durch ihre Materialität gleichzeitig schwerfällig. Als Titel formuliert die Künstlerin Ängste, die sie als mögliche applizierte Schriftzüge für die Caps versteht, und die sich aus dem Kunstmachen ableiten lassen.

Auf dem Empfangstresen positioniert sich die Arbeit von DAMIANO CURSCHELLAS (*1990 in Ilanz, lebt und arbeitet in Bern und dem Fürstentum Liechtenstein). Extended Position erweitert die Fläche des Saalplans um eine weitere Legende. Ausgehend von der Beziehung zwischen Gast und Gastgeber betont die Arbeit den Moment, in dem die Anwesenheit eines Besuchs dessen gleichzeitige Abwesenheit an einem anderen Ort bedeutet.

Ebenfalls beim Empfangspult stehen die Kaffeebecher Gaffeesatz für‘z Schwobhuus von TANJA LAERI (*1984 in Bern, lebt und arbeitet in Bern). Sind es Überbleibsel eines Gesprächs, das die Künstlerin mit den anderen Kunstschaffenden geführt hat?

Die Arbeiten von RIEBEN/GRUBENMANN (Nina Líška Rieben *1992 in Bern / Laura Grubenmann *1991 in Thun, leben und arbeiten in Bern) umkreisen die Sprache und deren Ausbleiben als Motiv. In Alles spricht und Goodie werden Sprechblasen vom Text entleert und nehmen neue Erscheinungsformen an, wie in der Zeichnung Alles spricht, wo alle in der Ausstellung gezeigten Werke zu einem möglichen Sprechgefäss werden. Sowohl Goodie als auch Poetry, 100 Points scheinen eine Anekdote in sich zu tragen und sind mögliche Teile einer grösseren Erzählung.

Die Skulptur A word‘s light von PHILIP ORTELLI (*1991 in Bern, lebt und arbeitet in Bern und Amsterdam) besteht aus einem klumpigen Gefäss und einer Glühbirne, die mit dem Internet verbunden ist – als Lampe beleuchtet sie bunt einen Schriftzug an der Wand. Dieser nennt ein Spektrum an Farben, die jeweils einem bekannten Namen und einer politischen Krisenregion zugeordnet sind. Diejenige der definierten Personen, die als letztes getwittert hat, generiert die konstante Farbe des Lichtes, während ein kurz aufblitzender Farbton mit einer beliebigen Person in der Region verknüpft ist.

Die Fotoserie Arkadien von CHRIS HARKER (*1986 in Zürich, lebt und arbeitet in Bern) bezieht sich auf den gleichnamigen Begriff, der einen Sehnsuchtsort und eine ästhetische Utopie beschreibt, in der sich ein Gefühlsspektrum zwischen absolutem Glück und grossem Unbehagen auffächert. Die Fotografien zeigen die Kulturlandschaft der Schweiz und stellen dem imaginierten Arkadien eine normierte gebaute Umgebung gegenüber.

Die Arbeit When you turn right, you see a door von FIONA RAFFERTY (1990 in Wettingen, lebt und arbeitet in Bern und Stockholm) nimmt uns mit auf einen Rundgang durch eine Wohnung. Das Audiomaterial stammt von einem Skype-Gespräch, das Rafferty mit dem 3D-Gestalter Nils Ekman geführt hat. Aus der Erinnerung versucht sie Ekman eine genaue Beschreibung des Schwob-Hauses zu geben. Anschliessend rekonstruierte er anhand seiner Vorstellung ausgewählte Räume digital.

URSINA LEUTENEGGER (*1989 in Bern, lebt und arbeitet in Bern) und LEA-NINA FISCHER (*1989 in Baden, lebt und arbeitet in Bern) deuten mit Zugang 46°57‘01.1“N 7°26‘38.2“E und Zugang 46°57‘02.7“N 7°26‘00.5“E eine unterirdische Verbindung zwischen der Stadtgalerie und dem Schwob-Haus an. Während an beiden Orten die Einstiege mit einem Senklochdeckel verschlossen sind, erfährt man anhand einer Postkarte die genauen Standorte. Die Künstlerinnen stellen sich vor, was man im Untergrund auf dem 32 Höhenmeter überwindenden Weg alles antreffen könnte und hören würde.

TAMARA MILOSEVICS (*1976 in Frankfurt am Main, lebt und arbeitet in Bern) Arbeit Fragmente einer Korrespondenz sind Teil einer Recherche über einen inhaftierten ehemaligen Gotteskrieger. Milosevic arbeitet als Regisseurin hauptsächlich im Bereich des Dokumentarfilms, in dem sie sich medial und gesellschaftlich brisanten Themen widmet und versucht, menschliches Handeln in politischen und sozialen Randbereichen nachvollziehbar zu machen. Seit Sommer 2015 konzentriert sich Milosevics Recherche auf das Thema des religiösen und politischen Extremismus.

Die Radiostation von OLIVIA ABÄCHERLI (*1992 in Stans, lebt und arbeitet in Bern) sendet während der gesamten Ausstellungsdauer 24 Stunden am Tag ein Live-Radio aus der Stadtgalerie. Von Mittwoch bis Samstag findet jeweils um 15 Uhr ein angekündigter Beitrag statt, den Abächerli und ihre Gäste in Form von Gesprächen, Lesungen und Musik gestalten. Während der restlichen Sendezeit zeichnet das Radio die zufälligen Geräusche in den Räumen sowie die Interaktion der Ausstellungsbesucher auf.

Die Zeichnungsserie von NATASCHA MOSCHINI (*1982 in Stuttgart, lebt und arbeitet in Bern) zeigt Figuren, die miteinander in eine intime Beziehung treten. Das Geschehen bewegt sich zwischen abstrakten und lesbaren Situationen. Mit dem Titel bitte bezieht sich die Künstlerin auf die implizite Einladung, welche das Wort mit sich bringt sowie auf das Geben und Nehmen in zwischenmenschlichen Beziehungen.

MARC LAUBERS (*1988 in Visp, lebt und arbeitet in Bern) Skulptur Unvermögen, einem Reiz Widerstand zu leisten besteht aus einem Kissen, das von mehreren, aus Wachs gegossenen Armen gedrückt wird.
Die Berührung der farbigen Hände wirkt einerseits zart wie auch die Weichheit des Materials, andererseits mutet den angeschnittenen Gliedmassen und deren Bewegung etwas Gewalttätiges an. Ihre Dimension und Platzierung unterstreichen die Widerspenstigkeit der Skulptur.

TANIA LAERI arbeitet an einem Langzeitprojekt in Albanien, in dem sie kommunistische Einmann-Bunker ausgräbt und die Betongehäuse im Meer als künstliche Riffs ansiedelt. Kommunitäten und Grundstein I, II und III sind freie Interpretationen davon, wie das Zusammenleben in den neu entstandenen Ökosystemen aussehen könnte. In den PET-Behältern kristallisiert das Salzwasser mit der Zeit und setzt sich an den Objekten fest, die Laeri aus architektonischen Details des Schwob-Hauses abgeleitet hat.

Die Arbeit Nimm Platz von NICOLE BUSSIEN (*1991 in Olten, lebt und arbeitet in Bern) und GIORGA PIFFARETTI (*1989 in Mendrisio, lebt und arbeitet in Bern) besteht aus einem Text und sieben Klappstühlen. Über mehrere Seiten münden fragmentarische Dialoge und Gespräche in eine Gruppendiskussion. Die Anordnung der Stühle geschieht zufällig – die Besucherinnen können sich setzen um den Text zu lesen oder um sich in einer Gruppe ebenfalls zu einer Diskussion zusammenzufinden.

In ALDIR POLYMERIS (1989 in Heiden, lebt und arbeitet in Bern) Video Die Erhaltung von Werten fliegen in einem Innenraum Objekte wie Kaffekannen, Besteck und Lexika kontinuierlich und unaufhörlich durch die Luft in Richtung Boden. In einem fortlaufenden Text, montiert als Filmuntertitel, wird der Betrachter direkt angesprochen. Rund um ein imaginäres Haus findet eine Erzählung statt, die sich um Begriffe wie Besitz, Erbe und Überlieferungen dreht.

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