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Daniel V. Keller mit Bernd Oppl, Lotte Reimann und Li Tavor
Privacy Settings
07.04.–13.05.2017

Die Ausstellung Privacy Settings dreht sich um das Spannungsfeld zwischen Privatsphäre und öffentlichem Raum, thematisiert dessen Formen und befragt unsere Verhaltensweisen. Was tun wir anders, wenn wir alleine sind? Wo und wie teilen wir unsere Privatsphäre im digitalen Zeitalter mit der Öffentlichkeit? Was sind dabei Fakten und was ist Fiktion? Wie verändert sich durch Einblicke in andere Leben unser eigenes?

DANIEL V. KELLER (*1987 in Münsterlingen, lebt und arbeitet in Zürich) lädt für seine Ausstellung die drei Kunstschaffenden BERND OPPL (*1980 in Innsbruck, lebt und arbeitet in Wien), LOTTE REIMANN (*1982 in Achim, lebt und arbeitet in Amsterdam und Bielefeld) und LI TAVOR (*1982 in Basel, lebt und arbeitet in Zürich) ein, deren Arbeiten seiner Installation zu einem Gegenüber werden.

Grundstruktur der Ausstellung bildet Kellers skulpturaler Eingriff Walls, der in den Ausstellungsräumlichkeiten Innen- beziehungsweise Aussenräume schafft. Die Arbeit bildet einen Rahmen für die verschiedenen Ausstellungselemente, die zusammen zu einem abstrakten Interieur werden. Die raumübergreifenden Wandelemente schaffen einen alternativen Grundriss, welcher die eigentlichen Räume einklammert und gleichzeitig neue Ecken und Nischen produziert. Der grobe Wandverputz suggeriert eine Gebäudefassade und steht so in einem Bezug zum Aussenraum, durch seine Farbigkeit bleibt das Objekt jedoch unwirklich. Teil der Wände sind die Keramikobjekte Nachbarn. Als Serie bilden sie eine Art primitive Siedlung, deren Räume sich gegenseitig beeinflussen, respektive penetrieren.

In Zusammenspiel mit Kellers Wänden entstand Li Tavors Klanginstallation. Das Ausgangsmaterial für die Arbeit bilden Aufnahmen alltäglicher Geräusche wie das Rücken von Möbeln, das Putzen von Fenstern, das Ablegen von Münzen, das Klirren von Gläsern oder Türklopfen. Diese Klangsammlung scheint vertraut und erzeugt ein Bild von Häuslichkeit. Durch die digitale Bearbeitung ist das Tonmaterial allerdings so verfremdet, dass die Klangbilder im Arrangement ihrem Ursprung nicht mehr zugeordnet werden können. Die Toninstallation zieht sich als akustische Bewegung durch die Räume der Stadtgalerie. Platziert in Kellers Arbeit Walls entsteht der Eindruck, dass hinter der Wand im Verborgenen etwas geschieht. Sobald man jedoch auf die andere Wandseite geht, entsteht wiederum der Eindruck, dass der Ton von der anderen Wandseite her kommt.

Der Form von Kellers Jungbrunnen haftet eine mögliche rituelle Verwendung an. Die darin platzierten Elemente versprechen Fruchtbarkeit und Wachstum und sind mögliche Hilfsmittel im Wunsch nach Selbstoptimierung. Die Einnahme von Proteinpräparaten zur Leistungssteigerung geschieht im Privaten, während deren positives Resultat gerne öffentlich zur Schau gestellt wird.

Die Arbeit SPA (Superficial Plantation Area) lässt sich gleichermassen als imaginiertes, pseudofunktionales Möbel und als Modell einer Plantage lesen. Die weiche gras- oder teppichartige Oberfläche erinnert an die Bewirtschaftung einer Monokultur. Sinnbildlich für die Optimierung der Bequemlichkeit spielt das Objekt auf eine bequeme Liegefläche an. Infinite Joy zeigt ein mit Kunststoff abgedecktes Objekt, dessen Hülle die darunterliegende Form genau wiedergibt. Von einer Wohnwand inspiriert, erinnert das Objekt an einen Gegenstand der Freizeit- oder Gartenaktivität, der nach dem Gebrauch feinsäuberlich wieder abgedeckt wird. Die Möglichkeit des Enthüllens des darunter Verborgenen trägt einen erotischen Moment in sich, der sich durch den Fetisch-Charakter des Materials verstärkt.

In der heutigen Zeit, in der wir die technischen Möglichkeiten haben, per Mausklick eine Handlung mit der Welt zu teilen, verschmelzen die Bereiche des Privaten und Öffentlichen, definieren und hinterfragen einander gegenseitig. Die sich verschiebenden Grenzen führen zu einer Umwertung und Veränderung unseres Tuns. Als Teil davon greift die Ausstellung Anpassungen und Vorkehrungen in den sozialen Medien und im gesellschaftlichen Zusammenleben auf und macht diese physisch präsent und wahrnehmbar. Ein Beispiel dafür ist Lotte Reimanns Arbeit Reflections – an unfinished collection, die anhand von Objektfotos auf Ebay einem spezifischen Fetisch von Selbstbildnissen nachgeht. «Reflectoporn» nennen sich die Bilder, in denen sich Menschen nackt in der Spiegelung von Objekten fotografieren. Manche solcher Bilder finden sich auf Verkaufsplattformen wie Ebay, wo die Fotos auf den ersten Blick der Dokumentation eines zu verkaufenden Artikels dienen, sich aber bei genauerem Hinsehen in der Spiegelung eine Art virtueller Exhibitionismus vollzieht. Reimann hat solche Bilder gesammelt und gleichzeitig versucht mit dieser Fetisch-Szene in Kontakt zu treten, indem sie selbst solche Bilder generierte und auf Ebay veröffentlichte. Dies führte jedoch dazu, dass ihr Profil durch Ebay aufgrund von explizit sexuellem Inhalt gesperrt wurde. Reimann interessiert sich für die Macht von Bildern, die in diesem Fall dem Autor die Möglichkeit gibt sein eigenes Abbild zu veröffentlichen und damit einen unbekannten Betrachter möglicherweise unfreiwillig miteinzubeziehen.

Gewollt ist der Voyeurismus bei Oppls Dioramen, dessen Szenen man nicht nur betrachtet, sondern in denen man teilweise selbst zum Gegenstand der Betrachtung wird. Oppls monochrom schwarze Räume kreisen um das Thema «kollektive und persönliche Erinnerungen». Durch die Verwendung von Elektronik – der Kombination von Bewegtem und Unbewegtem – scheinen sich die Räume in einem traumartigen Schwebezustand zu befinden. Der Moment des Betrachtens bleibt durch die Grösse der Box auch im öffentlichen Ausstellungsraum intim und persönlich.

 

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