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Sommerfenster – Repeat
Pascale Eiberle, Max Grau, Gregory Hari, Manuela Imperatori, Gian Losinger, Martin Möll, Stirnimann-Stojanovic, Christoph Studer-Harper, David Zehnder
05.07.–21.07.2018

Im Rahmen des Sommerfensters befasst sich die diesjährige Ausstellung unter dem Titel Repeat mit repetitiven Gesten. Die neun eingeladenen Positionen setzen sich auf unterschiedliche Weise mit dem Thema der Wiederholung auseinander: Manche Werke sind mit einem Ritual verknüpft, andere zeigen sich in rhythmischen Zirkeln – sie alle kopieren, imitieren und irritieren. Beiläufige Alltagsgesten treffen auf durchdachte Strategien des Täuschens, sie beziehen uns in einen Ablauf ein, der zeitlich begrenzt und wiederholbar ist oder lassen uns die Zeit ganz vergessen. Was gewinnt ein Kunstwerk oder eine Handlung durch das Repetieren? Werden das Echte und das Einmalige durch das Reproduzieren aufgehoben, wie es Walter Benjamin in seinem Aufsatz Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit beschreibt, oder ist das Original dank digitaler Vervielfältigungskraft heute gar obsolet geworden? Das Wiederholende in Strukturen und in Produktionsweisen, in Gesten und in Schichten verschiedener Arbeiten verweist in der Ausstellung auf aktive Repetitionen und auf passive Dauerschleifen, die in der Gleichheit ihrer Wiederholung doch Veränderung hervorrufen.

In beiden Arbeiten von PASCALE EIBERLE (*1989 in Zürich, lebt und arbeitet in Zürich) geht es um das Beobachten. Stimmungen und Gefühle bezüglich Eigen- und Fremdwahrnehmung werden zu Auseinandersetzungen mit Material und Körper. Die Arbeit cahier1, cahier2, cahier3 erinnert mit den wiederkehrenden Symbolen an einen Fund, der entschlüsselt werden will. Ursprünglich in sogenannten Cahiers gebunden, werden die einzelnen Doppelseiten nun gerahmt und als Gesamtkomposition präsentiert. Auf dem Papier zeigen sich persönliche Reaktionen in sich wiederholenden zeichnerischen Gesten. Die hier gezeigten Seiten sind eine kleine Auswahl aus der grossen Sammlung an Heften der Künstlerin. Die Arbeit giving up your weight obsession ist im Durchgang zwischen den Räumen positioniert. Die Waage zeigt das Gewicht jeder Person an, welche die Stelle passiert. Daueroptimierung und ständige Selbstüberwachung der Körperwerte gehört für viele zum Alltag. In der Ausstellung wird es öffentlich: Beim Betreten exponiert sich das eigene Gewicht nach aussen. Die performative Installation wird erst durch die Besuchenden, die sich auf die Waage stellen, komplett.

Die drei Werke Parallaxe 1, Parallaxe 2 und Parallaxe 3 von GIAN LOSINGER (*1996 in Bern, lebt und arbeitet in Bern) spielen mit dem Phänomen der Wahrnehmung. Parallaxe beschreibt die scheinbare Änderung der Position eines Objektes, wenn der Beobachtende seine eigene Position verschiebt. Je nachdem, wo jemand steht, sieht man einen oder zwei Bouquets. Was zunächst aussieht wie ein Spiegel, ist eine Momentaufnahme des Blumenarrangements. Mit der Dauer der Ausstellung wird die Diskrepanz zwischen Blumenstrauss und Fotografie immer grösser.

CHRISTOPH STUDER-HARPER (*1980 in Bern, lebt und arbeitet in Bern) zeigt die Performance Akkumulator. Zu Beginn der Ausstellung sind die Schlegel mit Kreide auf 0 (Null) markiert. Mit (meta)physikalischen Methoden erzeugt Studer-Harper während der Performance Ladungen und Spuren: durch Schläge auf seinen Körper werden die einzelnen vom Künstler aus demselben Holzblock gedrechselten Objekte unterschiedlich intensiv aufgeladen. Die Kreidemarkierungen nach der Performance sind Zeichen für die repetierten und verdichteten Energieübertragungen. Es geht um Rituale, um sich wiederholende Handlungen mit dem eigenen Körper und um freigesetzte Energie.

GREGORY HARI (*1993 in Richterswil, lebt und arbeitet in Zürich) zeigt Fotografien aus seinem persönlichen Archiv, die beiläufige Handlungen mit Händen zeigen. Mit einer Performance wird die Gesamtinstallation sometimes I feel like a filter ergänzt. Geschichten, die er dabei flüsternd und singend erzählt, verbinden die Bilder und betten sie in ein grösseres Ganzes ein. Die Fotografie im ersten Raum wiederholt sich auf dem T-Shirt des Performers. Persönliche Anekdoten werden im Kontext der Ausstellung mit neuer Bedeutung aufgeladen und werden in der Erinnerung verändert. Das Wiederaufführen ist hier ein Wieder-Durchleben, ein erneutes Kontextualisieren durch einen veränderten Filter. Das Herausfiltern von Inhalt und Referenzen dieser Arbeit reiht sich ein in Haris Praxis, die sich oftmals mit rituellen Gesten beschäftigt.

MANUELA IMPERATORI (*1974 in Bern, lebt und arbeitet in Bern) zeigt in der Ausstellung eine Arbeit mit zwei Kassettenrekordern sowie eine Performance an der Eröffnung. Die Performance Soft poem for two or three tongues spoken off by heart but not too fast besteht aus einer Komposition für drei Aufnahmegeräte und einer Stimme. Ein Gedicht in einer eigens erfundenen Sprache wird auf verschiedene Kassettenrekorder aufgenommen. Die Performerin bewegt sich im Raum hin und her und verteilt die unverständlichen Sätze und Wörter auf die verschiedenen Rekorder, die so zu Interpreten der konzertähnlichen Aufführung werden.

Bei Wiederholender Rhythmus wurde das Geräusch des Einatmens auf eine Kassette aufgenommen und dasjenige des Ausatmens auf eine Zweite. Während zwei Wochen wurde dieses Ritual morgens ein- und abends ausatmend von der Künstlerin jeden Tag wiederholt, bis die beiden Bänder vollständig mit Atmen bespielt waren. Werden die Tonbänder gleichzeitig abgespielt, verbindet sich das separat aufgenommene Geräusch wieder zum vertrauten Rhythmus.

Die Performance See you in 20 years, good luck. des Duos STIRNIMANN-STOJANOVIC (Nathalie Stirnimann *1990 in Fribourg, lebt und arbeitet in Fribourg und Zürich / Stefan Stojanovic *1993 in Vranje, lebt und arbeitet in Zürich und Belgrad) wird am 11. Juli am PerformanceAbend in der Stadtgalerie uraufgeführt und darauf alle zwanzig Jahre wiederholt. Der Titel spielt darauf an, ob wir wohl noch hier sein werden, wenn die nächste Wiederholung stattfindet, die «Good Luck Cat» winkt uns mit einer sich ständig wiederholenden Armbewegung «Viel Glück» zu. Das Duo arbeitet hier zum ersten Mal in einem grösseren Zeitrahmen an einer Performance. Das Vergehen der Zeit selbst ist dabei inhaltlich genauso wichtig, wie das Fragile und Flüchtige eines Moments. Von der Performance selbst wird ein Polaroidfoto gemacht, welches als einziges Dokument das Ereignis festhalten wird.

MARTIN MÖLL (*1972 in Bern, lebt und arbeitet in Bern) zeigt in dieser Ausstellung sechs Fotografien der Serie Lauter Brunnen. Möll wandert auf seiner Suche nach Pilzen durch die Hügellandschaft der Schweiz. Erfrischende Abkühlung beim Gehen bieten die verschiedenen Brunnen und Viehtränken, die unterwegs angetroffen werden. Wiederholt taucht Möll seinen Kopf während eines physisch fordernden Aktes in das Wasser ein. Eine ihn begleitende Person fotografiert die Aktion. In Anlehnung an Erwin Wurm spricht Möll von seinen Tauchaktionen als «One Minute Performances». Diese Arbeit wird zum zweiten Mal in der Stadtgalerie ausgestellt: 2015 zeigte der Künstler im Rahmen der Cantonale Berne Jura sechs andere Fotografien derselben Serie an derselben Wand.

DAVID ZEHNDER (*1978 in Brig, lebt und arbeitet in Basel) zeigt mit light blue memories under capitalistic performances eine Auswahl von eigenen und gefundenen Bildern und Videos. Es sind Präsentationen von Produkten, die in mehrheitlich asiatischen Online-Shops verkauft werden. Alltagsgegenstände wie Schirme oder Handschuhe werden ebenso aufwendig in Szene gesetzt wie medizinische Prothesen. Selbst Nägel werden in sorgfältigen Arrangements gezeigt. Die Objekte oszillieren zwischen inhaltlicher Schwere und einer naiven Leichtigkeit – vor dem ätherblauen Hintergrund scheinen die Verkaufsartikel zu schweben. In den Videos, mit der dazugehörigen Hintergrundmusik untermalt, suggerieren die Produkte eine Art heile Welt, die gleichzeitig absurd und etwas zu clean daherkommt, so dass sie auf den zweiten Blick bedrohlich wirkt.

MAX GRAU’S (*1988 in Herrenberg, lebt und arbeitet in Berlin) Arbeit […] craving for narrative ist ein Essay-Film, der in einem Desktop-artigen visuellen Raum spielt. Die Arbeit basiert auf einem 23-sekündigen Ausschnitt aus Grease von 1978 und verfängt sich in einer ausufernden Erzählung. Das Nachvollziehen von Obsessionen und das Hinterfragen von Nostalgie werden im Dauerloop der Popmusik verhandelt. Eigene Erinnerungen und die Geschichtsschreibung stimmen nicht immer überein, und die Möglichkeit eines post-ideologischen Mediengebrauchs sowie die Frage nach dem Verhältnis von Subjektivität und Medialität werden untersucht. Ein neues Original wird durch Variation und Kombination eines Bestehenden gebildet: Dekonstruktion statt Schöpfung, wobei neue Referenzen neue Wirklichkeiten schaffen.

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Kuratiert von Ursina Leutenegger, Assistentin Stadtgalerie

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