PRICE ist ein fiktiver Charakter, der in unterschiedlichen Performances auftritt. Elaborierte Klanglandschaften, Kostüme und Bühnengestaltungen, die oft in kollaborativen Konstellationen erarbeitet werden, prägen seine Arbeit. Seine Inszenierungen spielen mit den Erwartungen des Publikums an das exponierte, vermeintlich authentische Selbst des Performers, das sich vor dessen Augen verausgabt. Sie sind durchsetzt mit popkulturellen Versatzstücken, mechanischen Sounds, Rhythmen und seiner eigenen Gesangsstimme. Die Stimme ist ein zentrales Element seiner Arbeit. PRICE versteht sie als akustische Form der emotionalen Kommunikation ausserhalb des Bedeutungsimperativs von Sprache.
In der Arbeit von PRICE überlagern sich unterschiedliche Räume mit jeweils eigenen Ökonomien, Historisierungs- und Ausschlussmechanismen, Normen und Potentialen: die Bühne von Theater und Performance, der Club, der digitale Raum, der Laufsteg, der Ausstellungsraum. Vor dem Hintergrund der in ihre Einzelteile zerlegten Räume spielt sich das Drama PRICE ab. Seine Performances wechseln zwischen völliger Immersion und dem abrupten Blosslegen der Mittel der theatralen Inszenierung. Teil davon ist die emotionale Arbeit, die investiert werden muss, um die Fiktion der Selbstheit des Performers aufrechtzuerhalten. Eine reale Verausgabung die immer auch Effekt ist, wie der artifiziell schimmernde Schweiss auf seiner Stirn. Es sind nicht die unvereinbaren Gegensätze von «künstlich» und «authentisch», in denen er sich bewegt. Vielmehr interessiert sich PRICE für die konflikthafte Beziehung dieser gesellschaftlich normativen Kategorien, deren Austragungsfeld das (queere) Selbst, der (queere) Körper ist.
Kostüme die nicht richtig passen wollen und auf eine Vielzahl anderer möglicher Formen des Tragens durch unterschiedliche Körper verweisen; Momente des Stolperns und Haderns schleichen sich ein in die grossen Gefühle seiner Inszenierungen. Das Scheitern ist für PRICE immer auch Teil einer queeren Strategie: eine Gleichgültigkeit gegenüber Assimilation, starren Identitäten und den Anforderungen an das Selbst im digitalen Kapitalismus. Es ist ein Scheitern zweiten Grades, das immer Teil der Inszenierung ist.
Die Ausstellung Prologue: Mantras for a Club in der Stadtgalerie eröffnet akustische Landschaften. Über die gesamten Ausstellungsräume breitet sich eine 10-Kanal-Audioinstallation aus. Die unterschiedlichen Tonebenen wandern durch die Architektur und fügen sich zu einem Ganzen. Ein Ganzes, das nie final ist und immer in Relation zur temporären Situation bleibt: zum Raum, den Objekten und den Personen die sich darin bewegen. Die Musik wurde eigens für die Ausstellung komponiert und eingespielt. Darin vermengt sich das Englisch des Gesangs mit phonetischen, nach Englisch klingenden Lauten. Digitale Effekte legen sich über die sich mantrahaft wiederholenden Stimmen, verändern ihre Tonhöhe oder lassen sie mechanisch klingen. Der Körper des Performers ist abwesend. Nur durch die Stimme ist er präsent und sucht nach neuen Räumen, Allianzen und Resonanzen bei den Besucher*innen: ein Spiel zwischen Zugänglichkeit, Präsenz und Verflüchtigung.
Der mittlere Raum wird von Theatervorhängen strukturiert, die von der Decke bis zum Boden reichen. Ein textiles Spiel mit den historischen und geschlechtsspezifischen Konnotationen von Vorhang und Kleidung, zwischen Machtrepräsentation, Überschreitung und Anziehung. Die Elemente der Bühne werden hier als erweiterte Infrastruktur der Inszenierung menschlichen Begehrens erfahrbar, mit ihren normativen, befreienden und lustvollen Aspekten.
Im letzten Raum der Stadtgalerie befinden sich am Boden ganze und abgeriebene Seifenstücke. Ein Geruch breitet sich von ihnen aus und erfüllt den Raum. Gleichzeitig anziehend und Distanz schaf-fend. Geisterhaft, wie ein Geruch der sich bereits mit einem spezifischen, tragenden Körper vereint hat, ohne dass dieser anwesend ist.
Die Ausstellung ist als Prolog die erste Station einer Serie von Performances unter dem Titel Mantras for a Club, unter anderem im Theater Neumarkt in Zürich und dem Arsenic in Lausanne 2021. Als solches ist sie eine Variation einer Serie, die Ausstellung oder Performance sein kann. Das Verhältnis zwischen Zuschauer*innen/Besucher*innen, Performer und Objekte wird dabei in jedem Setting – ob Ausstellungsraum, Theater oder Performanceraum – immer wieder neu verhandelt, in Relation zu den räumlichen und zeitlichen Anforderungen dieser Orte.
Musikkomposition und -produktion in Zusammenarbeit mit:
CECILE BELIEVE
SEBASTIAN HIRSIG
TOBIAS KOCH
MODULAW
Vorhangdesign in Zusammenarbeit mit:
VICTOR BARRAGÁN
Produktionsberatung:
EVA BUEHLER
Produktion:
REBECCA AMMANN
Produktionsassistenz:
OLIVIA BERTSCHINGER
PAOLO MEREU
Duftkonzept in Zusammenarbeit mit:
IN`N`OUT FR AGRANCES
Fotografie:
RETO SCHMID
Co-produziert von:
STADTGALERIE, BERN,
ARSENIC, LAUSANNE
THEATER NEUMARKT, ZÜRICH
Speziellen Dank an:
DOING FASHION
HKB
CHANTAL KAUFMANN
LA BECQUE ARTIST RESIDENCY
MICH SZEDLAK